Sie waren am Umbau der Kirche beteiligt

Autor: Egbert Steuer

1723 wird ein größerer Umbau der Kesselsdorfer St. Katharinen – Kirche beschlossen. Man wendet sich an den Dresdner Ratszimmermeister George Bähr. Dieser macht einen Voranschlag, in dem er die Süd – (d.h. Längs -) Mauer der alten Kirche herausrückt, so dass dadurch ein Quadratbau entstanden wäre, d.h. ein Zentralbau, wie er ihn einige Jahre später in vollendeter Weise an der Dresdner Frauenkirche verwirklichte.

 

 

Bestätigung des Kesselsdorfer Kirchenbaues

Das Erwiderungsschreiben Pfarrer Pecks wartet mit mehreren Einschränkungen auf: „Die Commoda, so bey der Erweiterung der Kesselsdorfer Kirche nach der Mittags-Gegend, wie solche der Rats Zimmer- Meister Herr Bähr vorgeschlagen hat, vorfallen, sind folgende…“ (Kirchenarchiv Kesselsdorf:  Das 3-seitige Schreiben Pecks (undatiert)  ist im Kirchen-Archiv erhalten)
Er gibt zu bedenken, dass im Zuge der von Bähr vorgeschlagenen Gebäudeverbreiterung „gegen 54 Leichen ausgegraben werden müssten … und dass dies bei denen Angehörigen derselben Verstorbenen großen Verdruß und Unwillen erwecket.“ Wenn aber im Gegenteil nur die Ostmauer versetzt und die Kirche erhöht werde, käme es zu zusätzlichen 200 Sitzen und das wäre schon ein beträchtlicher Gewinn für das Dorf.

Im Januar 1724 übergibt man die Oberleitung dem Dresdner Ratszimmermeister, der sich im Contract v. 15. November u.a. verpflichtet: ,,…zweymal Empohr – Kirchen übereinander, jede mit drey Reyhen Ständen oder wie die Stände am bequemsten anzubringen seyen, abzubinden, aufzusetzen und das daran nöthige Simswerk zu fertigen, auch Fußböden, Brüstung und nöthige Breth – Arbeit zu machen bis zu dem vollkommenen Gebrauche fertig zu liefern, auch Sitze und Bänke durch alle Empohr – Kirchen zu liefern… …und haben in gesamt behandelten maßen mir vor alle diese Arbeit zu fertigen versprochen: 320 Gulden“.
Die Kircheninspektion Dresden, vertreten durch Superintendent V. Ernst Löscher, bemerkt hierzu: ,,…könnten höchstens auf drev Hundert Gulden behandelt werden.“
Bähr quittiert am 1. September 1726: ,,…mit 312 Gulden richtig bezahlt.“

Sicher war an der Ausgestaltung des Altarplatzes auch der Dresdner Bildhauer Johann Christian Feige d. Ä. (1689-1751) beteiligt. Feiges und Bährs Zusammenarbeit zu dieser Zeit ist offensichtlich, wirkten doch beide ab 1726 am Bau der Frauenkirche in Dresden. Ihr gemeinsames Werk, in dem Klassisches und Klassizistisches, barocke Dramatik und die Beweglichkeit des Rokoko zusammenfallen, ist eine von jenen vergleichslosen Sonderformen, an denen die sächsische Kunstgeschichte besonders reich ist. Die Puttenköpfchen in den Pfeilerkapitelen der neuen Kesselsdorfer Kirche weisen alle Gestaltungsmerkmale des Reliefs mit den drei christlichen Kardinaltugenden über dem Altartisch der Frauenkirche auf, was zweifelsfrei auf eine Arbeit Feiges hinweist. Nachweise, dass Feige der Schöpfer dieser Plastiken war, sind jedoch nicht überliefert.

Gleiche Altarkapitelle Frauenkirche / St. Katharinen

Johann George Bähr, geboren am 15.03.1666 in Fürstenwalde b. Lauenstein, wird seit mindestens 1689 in Dresden als Zimmergeselle und unter anderen Berufsbezeichnungen (z. B. „»Künstler“) erwähnt. Als Dresdner Ratszimmermeister seit 1705 war er u.a. an der steinernen Erneuerung der städtischen Wohnungsbausubstanz beteiligt. Seine Sakralbauten, deren wichtigste Gestaltungselemente der Zentralbau und die Kombination von Altar, Kanzel, Orgel und Taufbecken sind, wirkten auf den Kirchenbau im sächs. Barock (u.a. Forchheim / Erzgeb. 1719-28).
Er schuf mit der Dresdner Frauenkirche (1722-42), deren Sandsteinkuppel erstmals ohne Holzkonstruktion ausgeführt wurde, den bedeutendsten protestantischen Kirchenbau des Barock. Bähr starb am 16.03.1738 in Dresden.

Johann Christian Feige, geboren am 04.02.1689 in Zeitz, gestorben am 11.02.1751 in Dresden, wurde als Bildhauer und Bildschnitzer 1719 zur Mitarbeit am Zwinger nach Dresden geholt, heiratete im gleichen Jahr, erhielt 1728 das Bürgerrecht der Stadt und unterhielt hier eine Steinmetzhütte. Er schuf u. a. Kanzel, Taufstein und Lesepult der Freiberger Petrikirche (1732/ 33), die Kanzel der Stadtkirche Radeberg (1730) und den Altar der Kirche von Plauen b. Dresden. Sein Hauptwerk stellt der reich verzierte Hochaltar der Dresdner Frauenkirche mit Orgelprospekt und Kanzel (1733-39) dar. Nach dem Tode Bährs arbeitete er weiterhin an der Vervollständigung der Kirche, machte den Entwurf zum Kuppelkreuz und erhielt dafür 1742 vom Rat der Stadt „vor ein groß Modell zum Creuz auf dem Thurm“ zehn Taler. Auch die Plastik von Bährs Grabmal wird ihm zugesprochen. Zuletzt nannte sich Feige „Hofbildhauer*, einer seiner Schüler war J. Joachim Kändler.
Das in der Kesselsdorfer Kirche erhaltene hölzerne, vergoldete Relief eines Puttos dürfte ein Teil des alten Orgelprospektes sein und zeigt auf eine Arbeit Feiges, den vermutlich Bähr auch zum Bau an der hiesigen Kirche hinzugezogen hatte. Historische Belege hierzu sind jedoch nicht nachweisbar.
Seine Söhne und Enkel lebten und arbeiteten alle als Bildhauer in Dresden und Umgebung: Johann Christian d. J. (1720-26.10.1788), Sohn von J. Christian. Von ihm Arbeiten in der Kreuzkirche und im Landhaus.
Johann Ferdinand d. A. (12.07.1733 – 13.05.1783), Sohn von J. Christian. Er galt mehr als Handwerker denn Künstler.
Johann Ferdinand d. J. (25.11.1766 – 16.04.1827), Sohn von J. Ferdinand d. A. – Besuchte die Dresdner Kunstakademie, Hauptwerk: der schwarze Taufstein in der Kreuzkirche (1791).
Johann Friedrich (15. 09. 1728 – 19. 04. 1788), Sohn von J. Christian. Ab 1761 in Dresden und Umgebung besonders an Grabmälern tätig. Schuf 1776 das Neuberin – Denkmal an der Elbe bei Laubegast nach der Zeichnung des Oberlandbaumeisters Krubsacius.

Valentin Ernst Löscher, am 08.01.1674 in Sondershausen geboren, studierte Theologie in Wittenberg und beschäftigte sich mit klassischer Philologie und Geographie. Seit 1692 lehrte er an der Universität Wittenberg, seit 1707 als ord. Professor. Neben seinen akademischen Verpflichtungen nahm er seit 1699 seelsorgerische Aufgaben wahr, war Pastor und Superintendent in Jüterbog, Delitzsch und seit 1709 in Dresden, wo er als Superintendent der Kreuzkirche in das Oberkonsistorium beruten wurde. Er war der letzte Repräsentant der luth. Orthodoxie und wandte sich sowohl gegen den Pietismus als auch die frühe Aufklärung.
Löscher veröffentlichte u.a „Vollständiger Timotheus Verimus“ (2 Bde. 1718-21) und gründete 1701 die erste deutsche theologische Zeitschrift „Unschuldige Nachrichten von alten und neuen theolog. Sachen“, die bis 1751 unter wechselnden Namen fortgeführt wurde. Beim erfolgten Konvertit (Übertritt zum Katholizismus) des Kurprinzen Friedrich August legte er sich 1712 in seinen Kanzelreden mit August d. Starken an. Zur Grundsteinlegung der Frauenkirche hielt er am 26. 08. 1726 die Festpredigt.
Im Kirchenarchiv Kesselsdorf befinden sich mehrere Originalschrifftstücke von seiner Hand. 
Das Hebefest findet im September 1724 statt, bis Frühjahr 1725 ist der Turm ausgebaut, im September des gleichen Jahres wird die neue Kirche geweiht. Die von Pfarrer Peck letztendlich aufgestellten Gesamtkosten betragen 1545 Taler, 20 Groschen, 8 Pfennige.

Valentin Ernst Löscher
Schreiben Ernst Löschers an den Kirchenvorstand

Anläßlich des Hebefestes wird in den Turmknopf eine Glasröhre mit einem lateinischen Schriftstück eingelegt, weiterhin der deutsche Text ,,Unter dem gnädigsten Beistande des Höchsten und mit Genehmigung des Großmächtigsten Friedrich August, König von Polen und Churfürst von Sachsen ist dieses Gotteshaus erweitert, erhöht und renoviert worden. Als Kirchen-Inspectoren:
D. Valentin Ernst Löscher, Pastor und Superindendent zu Dresden, Procuraturamt Meißen 
M. Gottfried Friedrich Peck,.Pfarrer zu Kesselsdorf, 44 Jahre alt.

 

1726 stiftet Christian Rühle aus Wurgwitz ein neuer Taufstein für die St. Katharinen-Kirche mit der Inschrift: „Diesen Taufstein ließ Gott zu Ehren anfertigen Christian Rühle, Gerichtsschöppe in Wurgwitz Ao. 1726“
Der Stein wird gekrönt von einem Aufsatz mit der alten Kurfürstenkrone mit grüner Raute des Sachsenwappens.

Taufstein